Lebenserwartung: In Grabfeld D findest du den Grabstein mit dem ältesten Verstorbenen auf diesem Kirchhof. Er wurde 72 Jahre alt. Kennst du jemanden, der heute 72 Jahre alt ist? Statistik zur Lebenserwartung: 

Die Lebenserwartung ist seit dem Jahr 1700 bis heute von 65 auf 85 Jahre gestiegen. Die Kindbett-Sterblichkeit der Frauen führte vor 1800 zu starken Abweichungen und senkte eindeutig die Lebenserwartung der Frauen. Ab 1800 wird es besser. Nach einer langen Friedensperiode leben beide Geschlechter gleich lang. Die Weltkriege vernichten die jungen Männer, wodurch die Lebenserwartung der Frauen höher liegt als bei den Männern.
Quelle: https://www.genealogie-kiening.de/Altersstatistik.html

17-- und Æ: „Nicht ausgeschlagene Jahreszahlen oder Daten sind [in der Dokumentation] durch zwei Striche gekennzeichnet (z.B. 17--). Dieses Phänomen findet sich auch in anderen Orten; vielleicht wurden die Steine von reisenden Handwerkern angefertigt, die, wenn sie einmal da waren, auch den Ehepartner gleich mit eintrugen, aber dann für den Nachtrag des Datums nicht extra geholt wurden.“ erklärt Nicolas Rügge in „Die Grabsteine an der Kirche in Talle“. Hier kann man auch sehen, dass auf vielen Steinen Buchstaben zusammengezogen wurden: Æ. Wir denken, wohl vor allem aus Platzmangel, vielleicht aber auch aus ästhetischen Gründen.

Schreibfehler: Entdeckst du das Missgeschick auf dem Stein D10? Beim Schlagen des Datums muss der Steinmetz unkonzentriert gewesen sein und beim Datum zuerst etwas verwechselt haben. Bei diesem Beruf ist immer alles gleich in Stein gemeißelt! Auch einige Buchstaben-Dreher und Rechtschreibfehler gibt es auf mehreren Steinen, auch wenn die Schreibweise damals z.T. einfach anders war als heute.

Namen: Hast du auf den Grabsteinen schon einen Vornamen entdeckt, den auch Leute von heute tragen? Was bedeutet dir DEIN Name? Wonach suchst du den Namen für dein Kind aus?  

Symbole: In Feld D sind viele sehr unterschiedliche Symbole in die Grabsteine eingemeißelt, nicht nur Engel. Insgesamt wurden die Grabsteine aufwändiger und prunkvoller gestaltet in dieser Zeit. 

Foto: Holger Uthoff 2022

Totenschädel: Uns kommen die Totenschädel wohl etwas skurril vor, aber damals gehörten sie zum Zeitgeist und waren durchaus üblich als Vergänglichkeitssymbol. Der Begriff „memento mori“ heißt „gedenke des Todes“ und erinnert damit an die Vergänglichkeit.

Weintrauben: wie im Abendmahl Zeichen für das Blut Christi

Einhorn: Psalm: „und wird erhöhet werden mein Horn wie das des Einhorns“

Das Einhorn nach dem „Physiologus“: ein kleines Tier mit scharfem Mut und großer Kraft. So kann man es fangen: Eine reine Jungfrau wird ihm in den Weg gelegt. Der springt es in den Schoß, dann hat die Jungfrau Macht über das Einhorn, es folgt ihr ins Schloss zum König. Übertragung: Das Horn des Vaters ist das Horn des Heils. Der Heiland geht ein in den Schoß der Jungfrau Maria, ward Fleisch und wohnte unter uns.

Anker: Symbol des festen Glaubens

Rose: als Knospe, Blüte oder verwelkt erinnert sie an die verschiedenen Lebensstufen des Menschen, später auch Zeichen der Liebe der Hinterbliebenen

Efeu: immergrün, Symbol für ewiges Leben

Blatt- und Blütenkranz: Kranz als Siegespreis für überstandene Glaubenskämpfe

Stern: Ein Zeichen für Christus als der Stern aus Jakob, der helle Morgenstern

Palmwedel: Zeichen des Sieges über den Tod, als immergrüne Pflanze auch Unsterblichkeitssymbol und Zeichen für Tod und Vergänglichkeit

Herz: Symbol für Liebe 

Krone: die Krone des Lebens

Quelle: Lippisches Landesmuseum Detmold

Beinhaus: Was passiert, wenn der Friedhofsgärtner in der Erde alte Knochen findet? Früher hat man sie in einem Beinhaus gesammelt. Wir wissen nicht, ob aus Furcht, im Jenseits könne etwas fehlen, in jedem Fall ist es aber ein Zeichen der Würde für die Verstorbenen. Auf Bildern von Emil Zeiß ist das Taller Beinhaus zu sehen. Es soll Teil eines Tordurchgangs in der Kirchhofmauer gewesen sein. Heute werden Knochenfunde entweder tiefer unter einem Grab mit bestattet oder nach einer Zeit gesammelt bestattet. So hat es auch Pastor Rosenau 2017 mit den Knochenfunden bei Neugestaltung des Kirchplatzes und der Kirche gemacht (mit Fußbodenarbeiten). Als Stein D1 findest du eine Sandsteinplatte aus dem ehemaligen Kirchenfußboden mit eingeritztem Kreuz.

Ehr- und achtbar: August Wiemann schreibt 1920: „Die Ausdrücke „ehrenachtbarer“ Mann oder „ehr- und tugendsame“ Frau lesen wir auf allen Denkmälern dieser Zeit. Ja, wir können eine gewisse Steigerung in diesen Ausdrücken durch die Jahrzehnte verfolgen. Aus dem „ehrbaren“ Manne wird der „ehrenachtbare“ oder „ehr- und achtbare“, dann der „wohl ehren und achtbare“ und schließlich der „wohl ehrengeachte und vorachtbare“ Mann. Die Frau aber entwickelt sich aus der „ehrsamen“ Frau zur „ehr- und tugendsamen“ zur „viel ehr und tugendsamen“ zur „viel ehr- und tugendliebenden“ Frau. Die letzten Steigerungen in den Bezeichnungen menschlicher, besonders männlicher Tugend berühren uns doch sonderbar und umso merkwürdiger, als alle „gesteigerte“ Tugend sich Lebende selbst beigelegt haben, da immer auf diesen Steinen die Todesdaten fehlen. Da können wir doch das Sprichwort nicht unterdrücken: „Eigenlob stinkt“. Ja, es stinkt manchmal noch nach 200 Jahren.“

Bibelverse: "Auch die Bibelverse auf den "neueren" Grabsteinen haben sich verändert. Es ist häufiger von Erlösung und Auferstehung die Rede als bei den älteren Steinen, als die Menschen noch nicht so lange mit der reformatorischen Theologie vertraut waren."